354
ein bestimmtes Kronengeld (aurum coronariuni) nmgewandelt
wurden.
Auch in seinen auswärtigen Unternehmungen war Constan-
tin glücklich. Siegreich trieb er die in Mosten eingedrungenen
Gothen zurück und verfolgte sie bis tief in ihr Land; einen
Theil derselben verpflanzte er nach Mosten, wo sie allmälig dem
Christenthume gewonnen wurden. Auch trat er als Beschützer
der von den Gothen bedrängten Sarmaten auf und versetzte von
diesen 300,000 Mann in das römische Donaugebiet. Im Be-
griffe, gegen die Perser zu ziehen, wurde er plötzlich von einer
schweren Krankheit ergriffen. Auf dem Todesbette wurde er
durch den Bischof Eusebius mittelst der Taufe unter die Christ--
gläubigen ausgenommen und starb gerade am Pflngstfeste des
Jahres 337 zu Nicomedien. Sein Körper wurde nach Con-
stantinopel abgeführt und mit ungewöhnlichem Gepränge in der
von ihm gestifteten Apostelkirche beerdigt; sein Geist aber von
den Christen unter die Heiligen, von den Heiden unter die Göt-
ter versetzt.
§. 82. pie Nachfolger Constantin's -cs Großen bis zur bleibenden
Theilung des Ncichcs. 337—395.
Nach Constantin's Tode theilten sich seine drei Söhne,
Constantin Ii., Constans und Constantius, die sich in ihren La-
stern eben so ähnlich wie in ihren Namen waren, in das große
Reich. Nach der Bestimmung des Vaters erhielt Constan-
tin Ii. die Präfectur Gallien, Constans Italien und Jllyri-
cum, Constantius den Orient. Die Neffen des Kaisers,
welche dieser zu Cäsaren ernannt harte, wurden von den Trup-
pen auf Anstiften des Constantius ermordet. Überhaupt wüthete
der letzte so gegen die kaiserliche Familie, daß nur sein Vetter,
der junge Julian, übrig blieb. Die beiden andern Brüder ent-
zweiten sich. Der ländersüchtige Constantin, der auch Afrika
verlangte und deshalb seinen Bruder Constans bekriegte, verlor
in der Schlacht bei Aquileja sein Leben (340), und Constans
wurde nun Herr des ganzen Oeeidents. Unfähig, zu regieren,
und durch sein wüstes Leben allgemein verhaßt, wurde er bei
der Empörung seines Feldherrn Magnentius auf der Flucht
nach Spanien ermordet (350), und Magnentius bemächtigte sich
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Extrahierte Personennamen: Eusebius Constantin Constantius Constantius Julian Constantin
Extrahierte Ortsnamen: Gallien Constans_Italien Orient Afrika Aquileja Spanien
356
auf das eifrigste begünstigte, und fein natürlicher Hang zur
Schwärmerei mögen ihn zu diesem auch in politischer Hinsicht
höchst nachtheiligen Schritte verleitet haben. Er suchte das Hei-
denthum wieder herzustellen und jeden Faden zu zerschneiden,
durch welchen das Christenthum mit dem Staatslcben zusammen--
hing. Gewaltmittel gebrauchte er zwar zu diesem Zwecke nicht;
allein während er die alte heidnische Staatsreligion mit manchen
zeitgemäßen, größtentheils dem Christenthume entlehnten Verbes-
serungen wieder auffrischte, suchte er die christliche Religion als
eine bloß geduldete der öffentlichen Verachtung preiszugeben und
hiedurch ihren allmäligen Sturz geräuschlos herbeizuführen. Je-
doch ohne Erfolg kämpfte er gegen die Macht des neuen welt-
beherrschenden Geistes; das erstorbene Heidenthum war nicht
wieder zu beleben, die Sitten und Einrichtungen einer entschwun-
denen Zeit nicht zurückzurufen. Aus Haß gegen die Christen
begünstigte er auch Juden und beschloß, den Tempel zu Jerusa-
lem wieder aufzubauen, um die Weissagung Christi über ihn zu
Schanden zu machen. Allein feurige Flammen, heißt es, stiegen
aus dem Boden hervor und vereitelten das aberwitzige Unter-
nehmen.
Den von seinem Vorgänger unternommenen Feldzug gegen
die Perser setzte er ruhmvoll fort. Mit altrömischem Heldensinne
drang er über den Euphrat und Tigris vor, durchzog als Sie-
ger Persien, mußte dann aber, durch Überläufer in unzugängliche
Berggegenden verlockt, einen beschwerlichen Rückzug antrcten, auf
welchem ihn ein tödtlicher Pfeil traf. Die bedrängten Legionen
wählten den Anführer der kaiserlichen Haustruppen,
Jovianus, zum Kaiser (363—364). Dieser schloß mit
den Persern einen für Rom schimpflichen Friedensvertrag ab, in-
dem er die unter Diocletian eroberten fünf Provinzen jenseits
des Tigris nebst den Festen Risibiö und Singara zurückgab und
Armenien seinem Schicksale überließ. Er hob als Christ die Re-
ligionsedicte seines Vorgängers auf und gestattete voll edler Ge-
sinnung Jedem, auch den Heiden, völlig freie Religionsübung,
starb aber schon im achten Monate seiner Regierung auf dem
Zuge nach der Hauptstadt. Nun wählte das Heer den tapferen
und kriegerischen, aber oft bis zur Grausamkeit rohen Pannonier
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Extrahierte Personennamen: Christi
Extrahierte Ortsnamen: Christenthume Persien Jovianus Rom Armenien
358
vordringend, auf die Alanen stießen. Diese bedeckten damals
mit ihren zahlreichen Heerden und Gezelten die Ebene zwischen
der Wolga und dem Don. Unfähig, dem Andrange der Hunnen
zu widerstehen, schlossen sie sich, Gefahr und Beute theilend,
den Siegern an. Nun ging der gemeinschaftliche Zug über den
Don, die alte Grenzscheide von Europa. Dann stießen sie auf
die Gothen, welche die weiten Landstriche zwischen dem schwar-
zen Meere, den Ufern der Weichsel und Oder bis zum balti-
schen Meere bewohnten. Sie waren durch den Fluß Dnipr
(Borysthenes) in Ostgothen und Westgothen getheilt. Die
Oftgothen, welche zwischen dem Don und Dnipr wohnten,
konnten nicht widerstehen; sie brachen auf und stürzten auf ihre
westlichen Brüder jenseits des Dnipr, die Westgothen. Diese,
durch den gewaltigen Andrang der nachrückenden Völker fortge-
schoben, wendeten sich an den Kaiser Valens und baten ihn um
Schutz und Aufnahme in Mösien, unter dem Versprechen, daß
sie hier die Grenzwächter sein wollten. Im Drange der Noth
gewährte Valens ihre Bitte, unter der Bedingung, die Waffen
auszuliefern. Nun zogen die Westgothen zu Hunderttausenden
mit Weib und Kind über die Donau; die Ostgothen zogen ihren
westlichen Brüdern nach, ohne daß die Römer es ihnen wehren
konnten. Die römischen Beamten suchten von den fremden Ein-
wanderern jeden möglichen Vortheil zu ziehen. Die Waffen
hatte man ihnen gelassen, dagegen sie nach und nach ihrer gan-
zen Habe beraubt; eine große Hungersnoth brach aus, und die
Habsucht und Grausamkeit der römischen Beamten brachte die
Bedrängten der Verzweiflung nahe. Und als nun der römische
Feldherr Cupicinus bei einem Gastmahle zu Marcianopolis einen
verrätherischen Anschlag gegen die gothischen Fürsten Alavir und
Fridigern faßte, so rief der letztere sein Volk zu den Waffen
auf. Furchtbar wüthete jetzt das Racheschwert des mißhandelten
Volkes; unter seinen Führern durchzog es mordend und bren-
nend die nächsten Provinzen. Endlich griff der Kaiser Valens
selbst zum Schwerte und ließ sich, ohne die Hülse seines Neffen
Gratianus abzuwarten, bei Hadrianopel (378) in eine Schlacht
ein. Hier erneuerte sich der Tag bei Cannä. Furchtbar war
die Niederlage der Römer. Der Kaiser floh verwundet vom
Schlachtfelde und suchte sich in einer Bauernhütte zu verbergen.
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Extrahierte Personennamen: Cupicinus Gratianus
Extrahierte Ortsnamen: Wolga Europa Ostgothen Donau Schwerte
359
Die Gothen, weit entfernt, zu glauben, daß in dieser der Kaiser
sei, steckten diese, wie tausend andere, in Brand; und Valens
büßte seine Treulosigkeit mit dein Feuertode. Unaufhaltsam, wie
ein ausgetretener Strom, wälzten sich nun die Sieger unter
schrecklichen Verwüstungen bis unter die Mauern von Constan-
tinopel. In dieser drohenden Gefahr ernannte Gratianus seinen
erprobten Feldherrn, den Spanier
Theodosius (379—395) zum Mitkaiser und übertrug
ihm die Präfectur des Orients. Dieser hielt die Barbaren in
ihrem Verwüstungszuge auf und vermittelte durch einen Ver-
gleich mit ihnen den Frieden. Es wurde ihnen Mösien, Thra-
kien und Kleinasien angewiesen, wo sie als freie Grundbesitzer
nach eigner Sitte und Verfassung unter ihren Fürsten leben
sollten; dagegen verpflichteten sie sich, ihm 40,000 Mann Hülfs-
truppen für Geld und Lebensmittel zu stellen. In ihren neuen
Wohnsitzen nahmen die Gothen, durch den Umgang und das
Zusammcnwohnen mit Christen, auch deren Religion an, und
diese in Verbindung mit dem Ackerbau diente dazu, sie zu ent-
wildern und sie in kurzer Zeit zu den gebildetsten aller Bar-
baren zu machen, so daß sie mittelst der Macht, zu welcher sie
sich bald erhoben, den ersten Samen zur Civilisation aller Ger-
manen ausstreuten. Ein besonderes Verdienst um sie erwarb
sich Ul filas (Wulstla) aus Cappadocien, der zu jener Zeit
Bischof dieser Natiou war; und ein Zeugniß der Liebe und des
Eifers, welchen er für sein Volk hatte, bleibt noch heut zu Tage
seine Übersetzung der Evangelien in das Gothische, welche das
älteste Denkmal unserer Sprache ist.2) Seit jenem Vertrage
mit Theodosius dienten immer Gothen im römischen Heere und
erhielten selbst die angesehensten Stellen. Aber ein furchtbares
Beispiel war gegeben, die übrigen Barbaren aufzumuntern.
Während dieser großen Völkerbewegungen tat Osten des
Reiches war der Westen desselben der Schauplatz blutiger
Thronstreitigkeiten. Gegen Gratian riefen die Legionen in Brit-
tanien ihren Befehlshaber, den Mari mus, zum Kaiser aus.
-) Der Ulftlanische Text wird unter dem Namen des silbernen
Codex (das Pergament ist mit Purpur gefärbt, die Buchstaben in Silber
eingezeichnet) zu Upftla in Schweden aufbewahrt.
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Extrahierte Personennamen: Gratianus Theodosius_( Theodosius Mari
360
Als dieser nach Gallien kam, wurde Gratian von seinen Truppen
verlassen, er selbst auf der Flucht ermordet (383). Durch einen
Vergleich mit dem jungen Valentinian Ii., in dessen Namen seine
Mutter Justina regierte, erhielt Marimus die Präfectur Gallien
und wurde auch von Theodosius als Kaiser neben Valentinian Ii.
in Italien anerkannt. Als er aber dieses Vergleiches ungeachtet
den Valentinian angriff und aus Italien vertrieb, wurde er von
Theodosius besiegt, gefangen genommen und hingerichtet (388).
Valentinian erlangte dadurch die Alleinherrschaft über das Abende
land und berechtigte durch seine trefflichen Eigenschaften zu der
Hoffnung einer guten Regierung, wurde aber schon im drei und
zwanzigsten Jahre seines Lebens auf Anstiften seines Ministers,
des Franken Arbogastes, ermordet (392). Als dieser nun den
Kanzler Eugenias mit dem Purpur bekleidete, eilte Theodo-
sius als Rächer herbei und schlug sie beide in der Schlacht bei
Aquileja im Sept. 394. Eugenius wurde gefangen und hinge-
richtet, Arbogastes entleibte sich selbst. So erlangte endlich nach
vielen blutigen Kämpfen Theodosius, fortan.der Große zu-
benannt, auch die Herrschaft über das Abendland, und vereinigte
zum letztenmal das ganze römische Weltreich unter seinem Scepter.
Allein nicht bloß gegen äußere Feinde suchte Theodosius
das Reich zu sichern, sondern auch die Zerrüttungen im Innern
zu heben, welche durch Sektenzwiste, vorzüglich der Arianer, und
der aus diesen hervorgegangenen Macedonianer "), welche die
Gottheit des h. Geistes läugneten, entstanden waren. Der Kaiser
versammelte daher im Jahre 381 das zweite allgemeine Eonci-
lium zu Constantinopel, in welcher die Gottheit des h. Geistes
feierlich ausgesprochen und das nicäische Glaubensbekenntniß be-
stätigt wurde. Seitdem wurde der Arianismus im ganzen Reiche
verboten und verfolgt. Aber auch jede Art des Götzendienstes
wurde als eine verbrecherische Handlung, das Erforschen der
Zukunft in den Eingeweiden der Opferthiere und jede Darbrin-
gung eines Götzenopfers als Hochverrath bezeichnet. Ja er ge-
stattete sogar, daß die heidnischen Tempel geplündert und zum
Theil zerstört wurden. * 4) Nunmehr erlosch das heilige Feuer
3) Der Stifter dieser Sekte war Macedonius, Patriarch zu Con-
stantinopel.
4j „Zur selben Zeit ließ Gratianus den Altar der Victoria von der
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Extrahierte Personennamen: Justina Marimus Theodosius Theodosius Kanzler_Eugenias Eugenius Theodosius Theodosius
362
§. 83. Das weströmische Reich bis zu seinem Untergänge.
395—476.
Honorius (395—423), ein an Geist und Körper schwacher
Fürst, hielt sein Hoflager zu Ravenna und überließ die Verwal-
tung des Reiches dem ihm vom Vater gesetzten Vormunde Sti-
liche. Dieser war ein ausgezeichneter Feldherr und Staats-
mann. Ihm hatte Theodosius, dessen volles Vertrauen er be-
saß, die Sorge für seine beiden Kinder noch besonders anem-
pfohlen. Er wollte deshalb auch als erster und alleiniger Reichs-
verweser gelten, welchem Ruffinus untergeordnet sei; und die Eifer-
sucht, welche schon bei Lebzeiten des Theodosius zwischen beiden
Ministern geherrscht hatte, brach jetzt in offene Feindschaft aus
und machte die Trennung des Reiches bleibend. Eben jetzt war
eine große Bewegung unter den Westgothen ausgebrochen, die
ihren Anführer Alarich zum Könige ausgerufen und unter ihm
ihre Raubzüge wieder angefangen hatten. Der arglistige Ruffinus,
der dieses zum Verderben seines Gegners benutzen wollte, traf kei-
neswegs Maßregeln, um den Verheerungen Einhalt zu thun.
Da erschien unaufgefordert Stilicho mit Heeresmacht in Grie-
chenland und nöthigte die Feinde zum Rückzuge. Eine Heeres-
abtheilung, die er unter Anführung des Westgothen Gainas
nach Constantinopel schickte, ermordete hier gleich bei der Ankunft
den Ruffinus und befreite den Stilicho von seinem Feinde und
Nebenbuhler. Aber ein noch arglistigerer und verwegener, Eu-
tropius, trat an die Stelle des Gefallenen. Dieser gewann
den Gainas für sich, schloß mit Alarich Frieden und ernannte
denselben sogar zum Präfecten des östlichen Jllyriens; den Sti-
licho aber ließ er als Reichsfeind in die Acht erklären. Stilicho
mußte seinen Racheplan aufschieben, um zuvor Afrika wieder zu
unterwerfen, wo Gildo, ein maurischer Fürst, mit Vorschub
des oströmischen Hofes Aufruhr erhoben hatte. Nachdem Afrika
wieder erobert und Stilicho's Ansehen durch die Vermählung
seiner Tochter mit dem jungen Honorius neu befestigt war, dachte
er an nichts anderes mehr, als an seine morgenländischen Unterneh- ,
mungen. Allein seine Feinde kamen ihm zuvor. Es war im
Jahre 400, als Alarich, dieser tapfere und verschlagene Barbar,
an der Spitze seiner Gothen, seinen ersten Zug nach Italien
unternahm, um als illyrischer Präfect die über Stilicho ausge-
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Extrahierte Personennamen: Honorius_( Honorius Theodosius Theodosius Gildo Honorius Honorius
Extrahierte Ortsnamen: Ravenna Constantinopel Ruffinus Afrika Afrika Italien
329
Moldau, Wallachei und Siebenbürgen umfaßt. Den Partnern
nahm er Armenien, Assyrien und Mesopotamien und zog als
Sieger wie ein zweiter Alexander in den Ländern Asiens umher.
Inmitten dieser kriegerischen Bewegung, welche die erschlafften
Kräfte Noms wohlthätig aufgeregt hatte, starb Trajan zu Se-
lineis in Cilicien. Eine noch jetzt in Rom vorhandene 115 Fuß
hohe Denksäule, die Trajanssäule, mit den kaiserlichen
Feldzügen in halberhobener Arbeit auf der äußeren Fläche und
mit dem kolossalen Standbilde des Kaisers auf der Spitze, er-
hält das ruhmwürdige Andenken dieses großen Mannes.
M. Älius Hadrianus (117—138), ein Anverwandter
und Landsmann Trajan's, wurde, vorgeblich durch Adoption,
dessen Nachfolger. Er war friedlich gesinnt und mehr auf Be-
schützung als Erweiterung der Reichsgrenzen bedacht. Daher
gab er die schwer zu behauptenden Eroberungen seines Vorgän-
gers jenseits des Euphrat wieder auf und richtete seine ganze
Sorgfalt auf die Verbesserung der innern Verwaltung. Um den
Staatshaushalt zu erforschen und die Beaufsichtigung der Be-
amten zu erleichtern, bereisete er selbst und zwar größtentheils
zu Fuße drei Jahre lang (120—123) die westlichen, sieben
Jahre lang (124—131) die östlichen Provinzen, ließ Wege des-
sern, Städte verschönern und neue anlegen, und traf überall die
nöthigen Einrichtungen und Verbesserungen. Um das römische
Brittanien gegen die beständigen Einfälle der Völker Schottlands
oder der Caledonier zu schützen, zog er die Grenze desselben et-
was weiter südlich bis an den Solwaybusen und die Mündung
des Tyneflusses zurück und befestigte sie durch einen sechzehn
Meilen langen Wall, der noch jetzt der „Pictenwall" genannt
wird; auch die Rhein-und Donaumarken ließ er befestigen. In
Athen gründete er einen neuen Stadttheil, Hadrianum, in Thra-
kien die Stadt Hadrianopel, in Ägypten Antinoopel zur Ehre
seines Freundes Antinous, der hier im Nil ertrank. Rom selbst
und die Umgegend schmückte er mit herrlichen Werken der Bau-
kunst, unter welchen sich sein kolossales Grabmal, die moles
Hadriani (heutige Engelsburg) auszeichnete. Italien theilte er
in vier Regionen, deren Verwaltung er eben so vielen Consula-
ren übergab. Alle Staats-, Militär- und Hofämter erhielten
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Älius_Hadrianus
364
bedienen. Dieses benutzten seine Feinde zu einer Anklage auf
Hochverrats» und bewirkten seine Hinrichtung zu Ravenna. Bald
kam jedoch die Rache. Der Gothenkönig, eingeladen von dem
verfolgten Anhänge Stilicho's und in der Forderung der aus-
bedungenen Jahrgelder abgewiesen, brach sofort nach Italien
auf, ließ das feste Ravenna, wohin sich Honorius geflüchtet
hatte, zur Seite liegen und schlug im Angesichte Rom's sein La-
ger auf. Seit Hannibal's Zeiten hatte man keinen Feind vor
Rom's Thoren gesehen; die Stadt gerieth in die größte Bestür-
zung und schickte Gesandten mit Frjedensvorschlägen in das go-
thische Lager. Die Gesandten möaen hoffen, durch eine glän-
zende Schilderung der Ungeheuern Macht ihres Volkes den rohen
Helden einschüchtern und ihn so für die Annahme ihrer Vor-
schläge leichter gewinnen zu können. Alarich aber lachte überlaut
und rief: „Je dichter das Gras, desto leichter das Mähen!"
Anfangs verlangte er, als Bedingung des Abzuges, alles Gold
und Silber in der Stadt, hob aber doch, als man ihm 5000
Pfund Gold und 30,000 Pf. Silber versprach, die Belagerung
auf und zog ab. Als aber der Hof zu Ravenna fortfuhr, die
Forderungen Alarich's zurückzuweisen, kehrte dieser im folgenden
Jahre, 409, nach Rom zurück und setzte den Stadtpräfecten
Attalus als Kaiser ein. Jedoch schon nach wenigen Monaten
nahm er diesem eben so eiteln als unfähigen Schattenkaiser im
Lager bei Ariminum Purpurmantel und Krone wieder ab, schickte
diese als Unterpfand des Friedens an den Hof von Ravenna'
und suchte wieder mit Honorius Unterhandlungen anzuknüpfen.
Als diese aber mit Hohn zurückgewiesen wurden, da zog er,
heftig erzürnt, zum dritteninale gegen Rom an. Mit stürmender
Hand nahm er die Stadt und überließ sie seinen Gothen zur
Plünderung. Die während tausend Jahre durch die Raubsucht
der Römer aus der ganzen bekannten Welt zusammeugebrachten
und aufgehäuften Schätze wurden jetzt eine Beute seiner Völker.
Die Einnahme Rom's fällt in das Jahr 410 nach Ehr., 800
Jahre nach der ersten Verheerung durch die Gallier.
Alarich verließ Rom nach einem Aufenthalte von wenigen
Tagen. Seine Absicht war, erst Sicilien zu erobern, dann nach
Afrika überzusetzen. Da ereilte den jungen, erst 34 Jahre alten
Helden der Tod zu Cosenza unweit Rhegium. Die trauernden
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Extrahierte Personennamen: Honorius Honorius Honorius Honorius Cosenza
Extrahierte Ortsnamen: Ravenna Italien Ravenna Ravenna Rom Ariminum_Purpurmantel Rom Rom Afrika
365
Gothen bezeugten ihr verehrendes Andenken des großen Todten
auf eine sonderbare Weise. Sie leiteten, heißt es, den der
Stadt vorbei fließenden Fluß Busento ab, begruben in dessen |
Bette Manch nebst großen Schätzen und ließen dann wieder'^
dem Wasser seinen vorigen Lauf, auf daß unbekannt bleibe tue ;
Stätte, wo der Gothenheld von seinen Siegen ruhe. Sein (
Schwager Athaulf (Adolf), ein tapferer, edelmüthiger und v
schöner Mann, war sein Nachfolger. Dieser söhnte sich mit Ho- ^
norius aus, heirathete dessen Schwester Placidia, die er aus
Nom als Gefangene mitgenommen hatte, und führte der Über- ?
einkunft gemäß seine Gothen aus Italien weg nach Gallien.
Hier gründete Athaulf und, nach dessen Ermordung (415), sein u
Nachfolger Wallia das westgothische Reich, das anfangs
von der Garonne bis zum Ebro sich erstreckte und Tolofa (Tou-
louse) zur Hauptstadt hatte, später aber, nach dem Abzug der
Vandalen und Alanen nach dem nördlichen Afrika, allmälig auch
die übrigen Provinzen von Spanien umfaßte. Placidia war
nach dem Tode ihres Gemahles an den Hof nach Ravenna zu-
rückgekehrt und vermählte sich hier (417) mit dem ausgezeich-
neten Feldherrn Constantius, der auch von selnem Schwager zum
Mitregenten ernannt wurde; und als dieser schon im Jahre 421
starb, verließ die Wittwe mit ihren unmündigen Kindern Valen-
tinianus und Honoria den argwöhnischen Hof und ging nach
Constantinopel.
Nach des Honorius Tode im Jahre 423 bemächtigte sich
sein Geheimschreiber (primicerius notariorum) Johannes mit
Hülfe des Obristen der Leibwache, Aetius, des Thrones.
Allein der Kaiser des oströmischen Reiches, Theodosius Ii., wollte
den Usurpator nicht anerkennen. Er ernannte seinen Vetter, den
Sohn des Constantius und der Placidia, den sechsjährigen Va-
lentinian, zum Augustus, und dessen Mutter zur Regentin des
Reiches und schickte den jungen Kaiser im Geleite eines großen
Heeres nach Italien. Die Feldherrn des Theodosius schlugen
das Heer des Usurpator, nahmen ihn selbst in Ravenna gefan-
gen und schickten ihn nach Aquileja, wo Placidia ihn enthaupten
ließ. Aetius, der von dem Usurpator abgeschickt worden war,
die Hunnen zur Hülfe herüberzuholen, langte plötzlich mit 60,000
Mann an. Allein er unterwarf sich dem rechtmäßigen Kaiser
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp]]
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Extrahierte Personennamen: Busento Adolf Adolf Wallia Placidia Honorius_Tode Honorius Johannes Theodosius_Ii Augustus
335
'ive
Versteigerung dem Meistbietenden fiel. Der Stadtpräfcct Sul-
picianus bot jedem Prätorianer ein Geschenk von 20,000 Se-
stertien (etwa 1000 Thlr.); sein Nebenbuhler dagegen, der reiche
Consular Dictius Julianus, bot Jedem 25,000 Sestertien
(1300 Thlr.), und diesem wurde der Thron zugeschlagen. Die-
ses unwürdige Verfahren empörte selbst das Volk, noch mehr
die Heere in den Provinzen, die nicht säumten, zu beweisen, daß
auch sie Kaiser machen könnten. Die brittanischen Legionen er-
klärten ihren Feldherrn Clodius Albinus, die syrischen den
Pesccnnius Niger, die illyrischen den Septimius Se-
verus zum Kaiser. Der tapfere und entschlossene Severus
setzte sich mit seinen Truppen sogleich in Bewegung und nahm
zuerst Besitz von der Hauptstadt, wo der von den Garden ver-
lassene und verachtete Julianus nach zweimonatlicher Regierung
in einem Aufstande erstochen worden war. Severus wurde nun
vom Senate als Kaiser anerkannt.
Septimius Severus (193—211), von Geburt ein
Libyer, war ein strenger Kriegesmann, wie dessen das verwil-
derte Reich bedurfte. In Rom lösete er das Corps der Präto-
rianer auf und bildete sich, zur Befestigung seiner Herrschaft,
aus erprobten Legionen eine neue verläßliche Leibwache von
50,000 Mann und räumte dem Oberbefehl Haber derselben nebst
der Militärgewalt auch fast die ganze, sonst vom Senate geübte *
Civilgewalt ein, so daß dieser eigentlich der kaiserliche Stellver-
treter wurde. Nun sollte der Schlag seine Nebenbuhler treffen.
Um seine Kraft nicht zu theilen, wußte er den erstem, Cl. Al-
binus, einstweilen dadurch einzuschläfern, daß er ihm den Titel
eines „Cäsar" verlieh, welcher um diese Zeit den muthmaßlichen
Thronerben bezeichnete, und außer jener Insel auch noch die
Verwaltung der gallischen Provinz übergab. Nun rückte er mit
seiner ganzen Streitmacht gegen den von den Provinzen des
Orients anerkannten Kaiser Niger aus. Er schlug ihn in meh-
ren Treffen und unterwarf nach dessen Ermordung bei Cyzicus
die östlichen Provinzen. Besonders hartnäckig vertheidigte sich
das feste, mit Niger's Anhängern besetzte Byzanz und wurde erst
nach drei Jahren durch Hunger zur Übergabe gezwungen. Es
erfuhr die ganze Strenge des Siegers, der auch die Mauern
und sonstigen Befestigungswerke schleifen ließ. Nun ging er auf
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